Wie eine ganze Stadt im Moor

02. September 2021

Moos
Informierten sich zum Schutzprojekt Königsauer Moos im Isartal: (v.li.) Dr. Bernd Vilsmeier (SPD DGF-LAN), PStS Florian Pronold MdB, Michael Altenbuchner (SPD PAN), Severin Eder (SPD PAN-DGF), Joachim Aschenbrenner (LBV), Peter Hirmer (BN) und Alois Aigner (BN).

Bundesumweltsstaatsekretär Florian Pronold MdB informierte sich bei BN und LBV zum Schutzprojekt Königsauer Moos

Königsauer Moos.
"Moorschutz ist aktiver Arten- und Klimaschutz von dem wir alle profitieren!", informierte der Kreisvorsitzende des Landesbunds für Vogelschutz (LBV) in Dingolfing-Landau, Joachim Aschenbrenner aus Moosthenning, den Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, Florian Pronold MdB, am Beispiel des Niedermoorgebiets im Königsauer Mooses im Isartal entlang der Autobahn A92 im Herzen des Landkreises Dingolfing-Landau. Zusammen mit Alois Aigner und Peter Hirmer vom Bund Naturschutz (BN) und SPD-Vertretern aus Dingolfing-Landau und Rottal-Inn wurde die Zukunft es Königsauer Mooses diskutiert.

Seit 2004 gehört das Königsauer Moos zum Europäischen Biotopverbund "Natura 2000". Ein Großteil seiner Fläche ist Vogelschutzgebiet (SPA-Gebiet) geworden, ein kleinerer Teil FFH-Gebiet nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union. Damit wird zum Ausdruck gebracht, welche nationale und internationale Bedeutung dieses 1.300 Hektar große Gebiet sowohl für die Wiesenbrüter in Bayern als auch als wichtige Zugachse und Raststätte für den internationalen Vogelzug und für die Überwinterung seltener Vogelarten hat. Joachim Aschenbrenner und Burkhard Werthmann vom LBV konnten bei ihren Beobachtungen im Königsauer Moos bisher 122 Vogelarten feststellen und als Wintergäste so seltene Arten wie Raufußbussard, Kornweihe, Silberreiher und Waldwasserläufer nachweisen.

Leider ist der aktuelle Zustand des Königsauer Mooses nicht mehr der beste. Die fortlaufende Entwässerung deutlich bis unter die 50 - 80 Zentimeter starke Moorschicht zerstört den Moorkörper zusehends, was zu hohen Treibhausgasemissionen führt. Auch die Änderungen im Naturschutzrecht im Zuge des erfolgreichen Volksbegehrens zum Bienen- und Insektenschutz von 2019 bringen hier keinen echten Fortschritt, weil diese ausdrücklich nicht für die Nutzung der bestehenden Entwässerungsgräben und deren Randbereiche gelten, kritisiert Aschenbrenner.

Das Ausströmen von Treibhausgasen wie Kohlendioxid, Lachgas und Methan aus dem trocken liegenden Moorkörper schädigt unser Klima zusätzlich. So beträgt der Anteil der Treibhausgasemissionen durch die landwirtschaftliche Nutzung insgesamt etwa 25 Prozent. Allein für Kohlendioxid, etwa 30 Tonnen pro Hektar und Jahr, entsteht so ein gesamtwirtschaftlicher Schaden von 1.500 Euro pro Hektar und Jahr, wenn man den derzeitigen Preis für Kohlendioxid mit 50 Euro pro Tonne nach dem Emissionshandel anlegt. Das Umweltbundesamt beziffert den Preis allerdings bei ca. 600 Euro pro Tonne, das wäre zwölf Mal so viel, wenn man die klimatischen Folgekosten für die nächsten Generationen mit einbezieht. Das wären dann sogar etwa 18.000 Euro pro Hektar und Jahr, erklärte Aschenbrenner. Hochgerechnet für das ganze Königsauer Moos kommen so an die 23,5 Millionen Euro pro Jahr zusammen. Allein die Kohlendioxidemissionen entsprechen denen einer mittelgroßen Gemeinde mit knapp 5.000 Einwohnern. Das sind unglaubliche Zahlen, so Aschenbrenner, noch dazu wenn man berücksichtigt, dass der Moorkörper für das gesamte Isartal bei über 10.000 Hektar liegt. Allein unter Berücksichtigung nur der Kosten aus dem Emissionshandel redet man hier von einem volkswirtschaftlichen Schaden von über 15 Millionen Euro und dem Emissionsäquilvalent, d. h. den Gesamtemissionen, von 37.500 Einwohnern, also einer ganzen Stadt im Moor, unterstrich Aschenbrenner.

Deshalb ist die Wiedervernässung nicht nur aus naturschützerischen oder Bodenschutzgründen längst überfällig und wichtig, so Aschenbrenner. Dazu kommen noch der Nutzen als Wasserspeicher, auch zum Hochwasserschutz, und für den Klimaschutz. Bei diesen Dimensionen nehmen sich die Flächeprämien für die Landwirte von 175 Euro pro Hektar fast als "Peanuts" aus. Daher sollte mehr Moorschutz im Königsauer Moos nicht am Geld, nicht zuletzt für mögliche Nutzungseinschränkungen für die Landwirte, scheitern. Zudem ist der Klimaschutz ja von öffentlichem Interesse und sollte entsprechend vorrangig behandelt werden, forderte Aschenbrenner.

Um die notwendige Akzeptanz für diese doch einschneidenden Maßnahmen zu erreichen, muss man den Landwirten echte Alternativen aufzeigen, damit sich das Mitmachen auch lohnt, so Pronold. Wir brauchen eine "Win-Win"-Situation. Optimal wäre es daher, die Flächen dem Umwelt- und Klimaschutz zur Verfügung zu stellen, aber zugleich das Land noch umweltverträglich z. B. als Grünland bzw. Streuwiesen zu nutzen. Darauf weist auch ausdrücklich der Regionalplan für das Gebiet nördlich der Autobahn A92 hin: „Die Sicherung des Bestandes von Niedermoorbereichen, insbesondere im Isartal, sowie die Renaturierung gestörter Niedermoorbereiche sind, soweit die wasserwirtschaftlichen Grundlagen gegeben sind, anzustreben.“ Damit könnte der betriebswirtschaftliche Nutzen mit einem allgemeinen volkswirtschaftlichen Profit für Mensch und Natur bei überschaubaren Kosten verknüpft werden: Der Landwirt als Klimawirt.

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