Bundesumweltsstaatsekretär Pronold MdB informiert sich im Vilstal
Reisbach-Hötzendorf.
"Bodenschutz ist aktiver und preisgünstiger Hochwasserschutz!", darin waren sich die beiden Kreisvorsitzenden vom Bund Naturschutz (BN), Alois Aigner, und Landesbund für Vogelschutz (LBV), Joachim Aschenbrenner, mit dem Parlamentarischen Staatssekretär am Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, Florian Pronold MdB, einig. Dazu machten sie zusammen mit einer SPD-Delegation aus den beiden Landkreisen Rottal-Inn und Dingolfing-Landau eine Feldbegehung bei Bio-Hof von Alois Aigner in Reisbach-Hötzendorf.
Das niederbayerische Rottal und auch das mittlere und untere Vilstal zählen zu den vier Regionen Deutschlands, die am stärksten unter Erosion leiden. Dort gibt es Gebiete, in denen zehn Tonnen Humus pro Hektar Ackerland und Jahr abgeschwemmt werden. Zehn Tonnen je Hektar - das ist ein Kilogramm fruchtbarer Boden je Quadratmeter, der verloren geht. Die Erosion der Agrarböden reduziere nicht nur deren Fruchtbarkeit was zu lasten der nächsten Generationen geht, sagte Aigner, "sondern sie steigert auch die Hochwassergefahr".
Ein Grund: Durch den hohen wirtschaftlichen Druck einer verfehlten Agrarpolitik verschwinden immer mehr landwirtschaftlichen Betriebe, dadurch entstehen immer größere Schlageinheiten. Wenn sich dann die einzelnen Bewirtschafter nicht absprechen stehen oft über mehr als einen Kilometer Kartoffeln, Mais und Feldgemüse im tertiären Hügelland. Bei diesen Kulturen, deren Anbau in den letzten Jahren stark zugenommen hat, liegt der Boden bis weit ins Jahr hinein mehr oder weniger blank da. Das Erdreich ist Niederschlägen nicht nur schutzlos ausgeliefert, sondern aufgrund der intensiven Bewirtschaftung so schnell mit Wasser gesättigt, dass es nichts mehr aufnehmen kann. Die Folge sind tonnenweise Erosionen, also Abschwemmungen von Erdreich. Sie verschlammen Bäche, Teiche und kleine Flüsse. Dadurch können diese immer weniger Wasser aufnehmen und treten bei heftigen Niederschlägen schneller über die Ufer. Außerdem führen sie Unmengen an Sedimenten mit, die Kanalrohre und andere Abflüsse dann schnell verstopfen, erklärte Alois Aigner.
Zusätzlich lässt schnell abfließendes Außengebietswasser in tieferen Lagen die Pegel der Bäche und kleineren Flüsse sehr schnell stark ansteigen. Um die Menge und die Geschwindigkeit des von den landwirtschaftlichen Flächen abfließenden Wassers zu reduzieren, gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, welche die Landwirte treffen können. Auch für die Landwirte selbst zahlen sich die Hochwasserschutzmaßnahmen in barer Münze aus, da durch den reduzierten Abfluss auch die ungewünschte hohe Erosion stark verringert werden kann. Außerdem kann das Wasser in den Boden einsickern und sich die Grundwasservorräte auffüllen, damit in trockenen Jahren genügend Feuchtigkeit für die Pflanzen vorhanden ist.
Generelle Empfehlungen wären: Alle Flächen sollten immer hangparallel gepflügt werden, damit das Wasser in den Pflugspuren zurückgehalten werden kann. Auf stärker geneigten Flächen sollte auf den Anbau erosionsanfälliger Pflanzen, wie z.B. Mais, Zuckerrüben, Kartoffeln oder Feldgemüse verzichtet werden. Dem Anbau von Getreide oder Raps ist hier der Vorzug zu geben. In Hanglagen bieten sich als alternative zum Maisanbau für Biogasanlagen bzw. zur Futtergewinnung Dauerkulturen an. Die, wenn auch nicht so Ertragreich wie Mais, nach dem Aussaatjahr einen sehr hohen Erosionsschutz bieten. Sehr ungünstige Lagen sollten eher extensiv als Grünland genutzt werden. Ein niedriger Wall um die Feldflur verbessert den Wasserrückhalt zusätzlich.
Alle Bearbeitungsmethoden, die die Infiltrationsleitung des Bodens verringern, wie z.B. Folientunnel oder ähnliche Versiegelungen, sollten vermieden werden oder durch geeignete Rückhaltemaßnahmen wie z.B. Rückhaltebecken/ Bewässerungsbecken (für mind. 50 Liter je Quadratmeter versiegelter Fläche) ausgeglichen werden. Als zusätzliche mögliche Schutzmaßnahmen dienen, z. B., dass lange hanggeneigte Ackerflächen durch Querwälle, Baum- und Strauchreihen oder Wiesenstreifen unterbrochen werden (Schlagteilung), dadurch wird zu Tal fließendes Oberflächenwasser mehrfach zurückgehalten und verlangsamt. Zusätzlich werden wertvolle Kleinlebensräume für Vögel und Insekten geschaffen. Feldrandstreifen sollten wiederhergestellt bzw. wieder verbreitert werden. Dadurch kann der Wasserrückhalt erhöht werden und die Biodiversität in der Feldflur erhöht werden. Durch die erhöhte Insektenzahl kann der Ertrag von auf Bestäubung angewiesenen Pflanzen (z.B. Obstbäume) erhöht werden. Vorhandene Wegeseitengräben sollten frei gehalten werden, indem auf ein Pflügen bis an den Seitengraben verzichtet wird.
Wichtig ist die Rohrdurchlässe freizuhalten und die Schaffung eigener Rückhaltungen an Tiefpunkten. Das so gesammelte Wasser kann dann zur Feldbewässerung verwendet werden. Weiter sollte wenn möglich eine konservierende Bodenbearbeitung statt herkömmlicher Bodenbearbeitung erfolgen. Zum Einsparen von Grundwasser hilft die Errichtung von Bewässerungsbeckens, in das zusätzlich noch Restvolumen zur Rückhaltung von Oberflächenwasser eingeplant ist.
Starkregen und Überflutungen lassen sich nicht genau vorhersagen und so kaum vermeiden, so Aigner und Aschenbrenner. Der Bodenabtrag von landwirtschaftlichen Flächen, die in die Gewässer und Ortslagen geschwemmt werden und die dadurch entstehenden hohen Schäden für Landwirte und Anwohner, könnten aber im Rahmen von örtlichen Hochwasser– und Starkregenvorsorgekonzepten deutlich vermindert oder sogar verhindert werden. Wichtig ist dabei, die Landwirte für diese Problematik zu sensibilisieren und Maßnahmen zur Reduzierung der Erosion durch Wasser zusammen mit den Landwirten zu erarbeiten. Die Anlage von, im Gesetz verankerten, Uferschutzstreifen zum Gewässerschutz muss deutlich schneller vorangehen. Die Förderungen derartiger geeigneter Maßnahmen sind zumeist deutlich günstiger als die technischen Hochwasserschutzbauten an den Unterläufen der Flüsse oder gar die Schäden durch so entstehende Flutwellen und Hochwasser für die Allgemeinheit, ergänzte Aigner.