SPD-Kreisverbände diskutierten über TTIP
Dingolfing-Landau.
"Die Interessen des Gemeinwohls dürfen nicht auf dem Altar kurzfristiger Profitinteressen billionenschwerer multinationaler Konzerne geopfert werden", das war das Fazit des Politischen Kirchweihsonntags der SPD in der Eskara in Essenbach am vergangenen Sonntag. Zu der Podiumsveranstaltung konnte die SPD-Fraktionsvorsitzende in Essenbach Filiz Cetin den ehemaligen SPD-Europaabgeordneten und diplomierten Landwirt Wolfgang Kreissl-Dörfler aus München, den DGB-Organisationssekretär Andreas Bernauer aus Landshut, Ruth Müller MdL aus Pfeffenhausen und den SPD-Kreisvorsitzenden aus Dingolfing-Landau Dr. Bernd Vilsmeier begrüßen.
Ein möglichst freier Welthandel ist grundsätzlich zu begrüßen, erklärt Wolfgang Kreissl-Dörfler MdEP a. D., noch dazu für den Vize-Exportweltmeister Deutschland - aber nicht um jeden Preis, und schon gar nicht, wenn das auf Kosten der Bürger und Kommunen geht. Daher muss man sich die Verhandlungen um die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) zwischen der EU und den USA ganz genau ansehen. Leider hat das Europaparlament kein Initiativrecht und kann daher keine eigenen Gesetzesvorschläge einbringen, das können nur EU-Rat und EU-Kommission. Es kann daher erst eingreifen, wenn Vorlagen von der Kommission in Zusammenarbeit mit dem EU-Rat schon ausverhandelt sind. 2013 beauftragte der EU-Rat, die Vertretung der Regierungen der 28 EU-Mitglieder, die EU- Kommission mit den USA Verhandlungen über ein Handels- und Investitionsabkommen aufzunehmen. Dieses sog. TTIP soll das bisher umfangreichste und tiefgreifendste regionale Abkommen werden. Aufgrund der bisherigen Intransparenz und der Geheimniskrämerei der EU-Kommission beim Verhandlungsmandat wurde schon viel Vertrauen verspielt und sorgt für große Bedenken bei Verbänden und Bürgern.
DGB-Sekretär Andreas Bernauer erläuterte den Standpunkt der Gewerkschaften. Grundsätzlich sind auch die Gewerkschaften einem freiem Welthandel aufgeschlossen, wenn dieser dem Wohle von Arbeitnehmern und Bürgern dient, und nicht den kurzfristigen Profitinteressen weniger Großkonzerne. Unser hohes Niveau bei Arbeitnehmerrechten wie Mitbestimmung, Betriebsverfassung und Tarifautonomie, Verbraucherschutz, Sozial- und Umweltstandards darf nicht gefährdet werden. Bei öffentlichen Ausschreibungen dürfen die kommunalen Zweckverbände und Stadtwerke nicht den kürzeren gegenüber billionenschweren multinationalen Großkonzernen ziehen und die öffentliche Daseinsvorsorge darf nicht auf dem Altar der Profitgier weniger geopfert werden. Zudem haben die USA erst zwei der acht Mindestnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) ratifiziert. Die geplanten Regelungen zum Investitionsschutz halten nicht nur die Gewerkschaften, sondern auch die Wirtschaft für unnötig, da EU und USA über "ausreichend entwickelte" Rechtssysteme verfügen.
In der lebhaften Diskussion ergaben sich viele Positionen für ein Pro und Contra zu TTIP. Da die EU und die USA gemeinsam 47 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung erbringen und auch Bayern doppelt so viel in die USA exportiert als importiert, nämlich fast 19 Milliarden Euro, und auch unsere regionale Wirtschaft stark exportorientiert ist, sollte man sich das Abkommen ganz genau anschauen. Zudem geht es auch darum unsere hohen Standards zu "exportieren". Noch können wir in den EU und den USA Standards setzen, aber wie lange noch - gegenüber von über 3 Milliarden Menschen in Mittel- und Ostasien. Nur wenn TTIP nicht als reines Deregulierungs- und Liberalisierungsprojekt verstanden wird, sondern auch einen signifikanten Beitrag zur ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltigeren Gestaltung der Weltwirtschaft leistet, wird ein solches Abkommen den Herausforderungen der ökonomischen Globalisierung im 21. Jahrhundert gerecht.