Niederbayerisches SPD-Symposium zur Gesundheitspolitik im ländlichen Raum
Rottenburg/Laaber. Bei Kaiserwetter empfing die Leitung der Landshuter Kreiskliniken mit Verwaltungsleiter Johann Butz und den Chefärzten Prof. Dr. Schmidt, PD Dr. Zrenner, Dr. Albersdörfer, Dr. Ganslmeier, Dr. Timmer, Dr. Busley und Dr. Anders die Münchner Landtagsabgeordnete Natascha Kohnen in der Schlossklinik Rottenburg. Im Kaisersaal ging es dann ans Eingemachte – unter Aufsicht der an der Wanddecke verewigten Tugenden „Tapferkeit“, „Voraussicht“, „Weisheit“ und „Gerechtigkeit“, wie Verwaltungsleiter Johann Butz die Ausstattung des Kaisersaals beschrieb. Auf Einladung des Verwaltungsratsmitglieds und Kreisrätin Ruth Müller waren SPD-Politiker aus ganz Niederbayern gekommen, um über die schwierigen Rahmenbedingungen für kommunale Krankenhäuser zu diskutieren - darunter SPD-Kreisvorsitzender im Landkreis Dingolfing, Dr. Bernd Vilsmeier, der Vorsitzende der SPD Straubing, Peter Stranninger und die Kreis- und Stadträtin Christine Trapp aus Dingolfing.
In Zusammenarbeit mit verschiedenen Landtagsabgeordneten der SPD sei in den letzten Monaten immer wieder versucht worden, Probleme durch Gesetzesänderungen oder bei der Finanzierung aufzuklären. Die Antworten aus den Ministerien seien jedoch nie zufrieden stellend oder oft nur ausweichend gewesen.
Dr. Klaus Timmer, Chefarzt der Schlossklinik Rottenburg erläuterte die Probleme der unzureichenden Finanzierung der Geriatrie. „Unser Krankenhaus war 1996 in Bayern die erste geriatrische Klinik“, so Timmer. Ursprünglich seien 40 stationäre Einrichtungen vorgesehen gewesen, nun gebe es in Bayern über 60 Einrichtungen und zusätzlich über 40 akutgeriatrische Abteilungen an den Krankenhäusern. In den vergangenen 15 Jahren ist die Lücke zwischen den Tagessätzen und den tatsächlichen Kosten immer weiter auseinander geklafft. Derzeit beträgt der kostendeckende Tagessatz rund 230 Euro in Bayern, bezahlt werden lediglich 170 Euro. Der Landkreis als Träger der kommunalen Krankenhäuser sei hier gefordert, das Defizit auszugleichen, so der Chefarzt zu den SPD-Politikern.
Eine ähnliche negative Bilanz zog Timo Grantz für das Hospiz in Vilsbiburg. Die Einrichtung, die erst im vergangenen Jahr eingeweiht worden sei und für 10 Patienten Platz bietet, sei die einzige Einrichtung in ganz Niederbayern. Für einen wirtschaftlichen Betrieb sei ein Tagessatz von 305 Euro nötig, die Krankenkassen haben jedoch nur 285 Euro anerkannt und davon werden nur 90% ausbezahlt, sodass pro Bett und Tag ein Fehlbetrag von 48,50 Euro entstehe. Die Differenz müsse das Hospiz über Spendengelder erwirtschaften, was in der Realität nicht möglich sei. Der Landkreis Landshut, der für die gesamte Bevölkerung Niederbayerns das Hospiz betreibt, müsse jährlich rund 140.000 Euro zusätzlich in die Hand nehmen, klagte Timo Grantz die unzureichende Finanzierung an.
Der Chefarzt des Vilsbiburger Krankenhauses, Dr. Hermann Albersdörfer gab der Landtagsabgeordneten Natascha Kohnen zwei Probleme mit auf den Weg in die nächste Legislaturperiode des Land-tags: Zum einen sprach er die Probleme an, die durch die Neuordnung des stationären Heilverfahrens der gesetzlichen Unfallversicherung für ein kommunales Krankenhaus wie Vilsbiburg entstünden. Die Anforderungen an die personellen und sächlichen Ausstattungen seien weiter gestiegen und die Krankenhäuser müssten sich neu um die Erlaubnis zur Behandlung bewerben. Dies stellt nach Auffassung von Prof. Dr. Johannes Schmidt nicht nur eine Schwächung des Leistungsspektrums der ländlichen Krankenhäuser dar. Vielmehr ziehe es auch weit reichende Konsequenzen bei der Akquirierung junger Ärzte nach sich. Mediziner, die sich an ein Krankenhaus bewerben, wollen ihre Qualifikationen unter Beweis stellen, anwenden und verbessern. Dies ist nur möglich, wenn die Chefärzte auch die volle Weiterbildungsermächtigung besitzen. Diese steht bei einer Versagung der Unfallbehandlungen durch die Gesetzliche Unfallversicherung in Frage.
Das zweite Vilsbiburger Problem ist der Entzug der Ermächtigungen für ambulante Behandlungen. Der Zulassungsausschuss der Kassenärztlichen Vereinigung hat die Ermächtigungen für die Vilsbiburger Fachärzte nicht mehr verlängert, berichtete Dr. Albersdörfer. Im südlichen Landkreis Landshut ist kein Orthopäde mehr mit einer Praxis vorhanden, was bedeutet, dass Patienten künftig in die Stadt Landshut für Untersuchungen fahren müssen, die bisher in Vilsbiburg durchgeführt werden konnten. Angesichts einer älter werdenden Bevölkerung mit eingeschränkter Mobilität und einem unzureichenden ÖPNV-Angebot trage das nicht zur Stärkung des ländlichen Raums bei.
Die Münchner Landtagsabgeordnete Natascha Kohnen verfolgte diese Ausführungen mit großem Interesse und zeigte sich angesichts der unzureichenden Finanzierung beispielsweise bei der Geriatrie oder dem Hospiz verwundert. „Die Bevölkerung könne das finanzielle Engagement des Landkreises gar nicht hoch genug schätzen“, so Kohnen. Dennoch müsse es das Ziel sein, die Kommunen finanziell zu entlasten und die Krankenhausfinanzierung langfristig auf solide Beine zu stellen.
Bei einem Rundgang durch die Schlossklinik, die Parkanlagen und die neu erbaute Schloss-Reha konnten sich die SPD- Politiker ein Bild vom hohen Standard der beiden Häuser aber auch vom Ambiente und der Herzlichkeit im Umgang mit den Patienten machen.